Fragen zur Verfahrenswahl

Grundsätzlich eignen sich Ozon und Aktivkohle zur Elimination der MV. Beide Technologien haben Vor- und Nachteile, und für jede ARA muss eine auf sie zugeschnittene Variantenstudie erstellt werden, um das passende Verfahren zu finden. Dabei spielen das Einzugsgebiet und dessen zukünftige Entwicklungen, die bestehende Infrastruktur und der Vorfluter eine wesentliche Rolle.

Wichtige Kriterien für die Verfahrenswahl:

Einzugsgebiet

  • Abwasserzusammensetzung: Industrie im Einzugsgebiet, z.B. Kehricht- oder Sonderabfallverbrennungsanlagen, chemische Industrie, Deponien
  • Entwicklungen im Einzugsgebiet: geplante Zusammenschlüsse, Industrie und Gewerbe, mittelfristige Zukunft der ARA, Bevölkerungswachstum, Nutzungsplan usw.

Bestehende Infrastruktur

  • Platzverhältnisse
  • Heutige Ablaufqualität der ARA (z.B. Ablaufkonzentration von Nitrit, gelöstem organischem Kohlenstoff [DOC] und gesamten ungelösten Feststoffen [GUS])
  • Heutige und zukünftige Einleitbedingungen (z.B. bezüglich DOC, GUS)
  • Verfahren und Kapazität der biologischen Reinigung

Vorfluter

  • Abwasseranteil
  • Nutzungen unterhalb der ARA (Trinkwasserfassungen, Badestrände, Landwirtschaft)

Mehr Informationen sind im Artikel „Mit Ozon und Aktivkohle gegen Mikroschadstoffe“ und in der Präsentation „Elimination von Mikroverunreinigungen – Einflüsse auf die Verfahrenswahl“ enthalten.

Die Ozonung, das Ulmerverfahren, die Dosierung von PAK vor den Sandfilter und die Dosierung von PAK in die Belebtschlammbiologie sind heute Standardverfahren. Die GAK-Filtration, GAK im Schwebebett, PAK-Dosierung in Membranbioreaktoren und Verfahrenskombinationen sind auf dem Weg zum Standardverfahren. Dieser Artikel fasst den Stand 2017 zusammen. Seither haben sich die Verfahren entwickelt.

Nein, es wird weder eines der beiden Verfahren bevorzugt noch vorgeschrieben. Das Ziel ist, die jeweils bestmögliche Lösung für die einzelne ARA zu eruieren und umzusetzen. Dabei müssen verschiedene Aspekte mitberücksichtigt werden, wie beispielsweise: Platzverhältnisse, bestehende Infrastrukturen, vorgeschaltetes biologisches Reinigungsverfahren und deren Kapazität, etc. Eine weitere relevante Randbedingung – insbesondere für die Behandlung mit Ozon – ist die Abwasserzusammensetzung (s. auch FAQ zu den Abklärungen). In diesem Sinne muss frühzeitig (vor der Verfahrenswahl) abgeklärt werden, ob das Abwasser für eine Ozonung geeignet ist.

Im Artikel „Elimination von Mikroverunreinigungen auf ARA: Aktueller Stand der Verfahren und künftige Entwicklungen“ (Aqua & Gas, November 2017) sind die Veränderungen der Verfahren zur Elimination der Mikroverunreinigungen aus dem kommunalen Abwasser, der aktuelle Stand des Wissens und die künftigen Entwicklungen in diesem Bereich dargestellt.

Die beiden Verfahrensvarianten (Ozonung und Pulveraktivkohle) sind in der Zwischenzeit gut etabliert. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Verfahren tendenziell kompakter und günstiger werden (z.B. PAK-Dosierung in die biologische Reinigungsstufe oder vor den Sandfilter). Weitere Verfahrensalternativen stellen beispielsweise die granulierte Aktivkohle (GAK) im statischen Filter wie auch im Wirbelbett dar. Aktuell ist die Entwicklung eines komplett neuen Verfahrens nicht in Sicht.

Wenn eine Ozonung in Betracht gezogen wird, muss frühzeitig (z.B. im Rahmen der Vorstudie) abgeklärt werden, ob sich ein bestimmtes Abwasser für eine Ozonbehandlung geeignet ist oder nicht. Grundsätzlich hat eine Behandlung mit Ozon viele positive Effekte: Entfernung von Spurenstoffen, Verringerung der negativen Auswirkungen des Abwassers auf Wasserlebewesen sowie Desinfektion und Entfärbung des Abwassers. Es ist bekannt, dass bei ungeeigneten Abwässern stabile, toxische Umwandlungsprodukte (= Oxidationsnebenprodukte) gebildet werden können. Dies ist beispielsweise der Fall bei ARA mit problematischen Industrieabwasser-Einleitern (z.B. hohe Bromidfrachten; siehe Artikel). Bei ARA mit grösstenteils kommunal geprägtem Einzugsgebiet ist das aber nicht der Fall.

Die VSA-Empfehlung „Abklärungen Verfahrenseignung Ozonung“ beschreibt, wie bei diesen Abklärungen vorzugehen ist, und wie die Resultate zu interpretieren sind. Diese Abklärungen gehören zu den anrechenbaren Kosten und werden zu 75% abgegolten.

Eine Liste der Labore, die diese Abklärungen anbieten, kann auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

Bei der Auswahl des geeigneten Verfahrens muss der Aspekt eines sachgemässen Gewässerschutzes neben anderen Aspekten wie Wirtschaftlichkeit, Stand der Technik und zweckmässige Planung berücksichtigt werden. Die Auswirkungen auf andere Sektoren der Wasserwirtschaft (wie z.B. Trinkwasser) müssen geprüft werden.

Eine Verfahrenskombination (Ozon in Kombination mit Aktivkohle) ist technisch umsetzbar und erlaubt eine höhere Flexibilität. Eine Verfahrenskombination ist aber hauptsächlich für grosse ARA wirtschaftlich. Es ist anzumerken, dass auch bei einer Verfahrenskombination abgeklärt werden muss, ob ein Abwasser für die Ozonung geeignet ist (s. Artikel).

Diese Frage wird im Faktenblatt «PAK-Dosierung bei Biofilmsystemen» beantwortet. Es wird davon ausgegangen, dass sowohl die Festbett- wie auch die Wirbelbett-Systeme nur bedingt geeignet sind. Die PAK-Zugabe in Hybridwirbelbett-Systeme wie auch in Systeme mit granulierter Biomasse kann jedoch funktionieren (s. Artikel).

Bei einem nachgeschalteten PAK-Verfahren (z.B. „Ulmerverfahren“ oder PAK-Dosierung vor den Sandfilter) wird die PAK üblicherweise in die biologische Reinigungsstufe zurückgeführt (Ausnutzung einer sogenannten Mehrstufigkeit macht das Verfahren effizienter). Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Biologie über eine ausreichende Kapazität verfügt, um die Nitrifikation dadurch nicht zu beeinträchtigen. Im Fall einer Direktdosierung in die Biologie sollte die vorhandene Kapazität in der Biologie noch grösser sein, da tendenziell mehr PAK dosiert wird.

Bei allen drei Verfahren ist auch in der Faulung ausreichend Kapazität vorzusehen, denn die PAK wird zusammen mit dem Klärschlamm der Faulung zugeführt. In der VSA-Empfehlung «Definition und Standardisierung von Kennzahlen für Verfahren zur Elimination von organischen Spurenstoffen in ARA» wird bei PAK-Stufen von einer zusätzlichen Schlammproduktion von 1.5 Mal der dosierten PAK-Menge ausgegangen; darin sind der adsorbierte DOC wie auch der Fällschlamm enthalten.

Um den mechanischen Abrieb von Geräten durch Aktivkohle zu mindern, müssen abriebfeste Materialien verwendet werden.

Eine halbtechnische Pilotierung des Kompetenzzentrum Spurenstoffe in Baden-Würtemberg (KomS) hat gezeigt, dass die Pulveraktivkohle grundsätzlich keine negativen Auswirkungen auf den Faulungsprozess hat. Bei der Anwendung von PAK auf einer Kläranlage wird die gleiche Gasmenge produziert, wie vor dem Ausbau der Kläranlage, wobei der Methananteil im Faulgas bei der Anwendung von PAK jedoch leicht höher ist (ca. 1.5 Prozentpunkte) (s. Faktenblatt «PAK in der Schlammbehandlung»). Die Anwendung von GAK hat keinen Einfluss auf die Schlammbehandlung, da die GAK nicht in die Biologie zurückgeführt wird und somit nicht mit dem Schlamm der Schlammbehandlung zugeführt wird (die GAK wird extern regeneriert).

Auf der ARA Neugut ist die Optimierung der Ozonung schon fortgeschritten. Eine innovative Regelstrategie der Ozonung (BEAR) mittels UV-Sonden erlaubt einen stabilen und optimierten Betrieb. Diese Steuerung und Regelung wird in diesem A&G-Artikel beschrieben.

Die Reduzierung des Ozonverbrauchs bei gleichbleibender Elimination der MV (LOD-Konzept) ist in diesem A&G Artikel beschrieben. Das Mehrkammereintragsverfahren reduziert den Ozonverbrauch um bis zu 20%.

Nach heutigem Wissensstand wird geschätzt, dass die Betriebskosten einer PAK-Direktdosierung in die Biologie im Vergleich zu den Betriebskosten eines Ulmer-Verfahrens etwa 25 bis 50% höher liegen. Diese höheren Betriebskosten für die Direktdosierung erklären sich dabei hauptsächlich mit dem höheren Verbrauch an Aktivkohle. Auf der ARA Wetzikon ist seit 2019 eine PAK-Direktdosierung in die Biologie in Betrieb.

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