Fragen zum Reinigungseffekt

Die Kosten für die Analyse einer Abwasserprobe auf die 12 Leitsubstanzen (gemäss Verordnung des UVEK) liegen derzeit (Stand: 2017) bei etwa 350 bis 500 CHF. Die Genauigkeit der Spurenstoffanalytik ist vergleichbar mit anderen Messungen, wie DOC oder CSB und liegt im Bereich von 10-20% bezogen auf die gemessenen Konzentrationen der Einzelstoffe. Da bei der Berechnung des Reinigungseffekts (1) die Differenz der Stoffkonzentrationen in Zu- und Ablauf ausschlaggebend ist und (2) die Abbauleistungen der einzelnen Stoffe gemittelt werden, resultiert eine Genauigkeit des berechneten Reinigungseffekts von 1-3%.

Die Reinigungsleistung der Stufen zur Elimination von Mikroverunreinigungen wird anhand von 12 Substanzen überprüft, die in der Verordnung des UVEK zur Überprüfung des Reinigungseffekts von Massnahmen zur Elimination von organischen Spurenstoffen bei Abwasserreinigungsanlagen festgelegt sind. Die Verordnung ist seit Dezember 2016 in Kraft. Diese zwölf Substanzen sind in zwei Kategorien unterteilt: „sehr gut eliminierbare Substanzen“ (Kategorie 1) und „gut eliminierbare Substanzen“ (Kategorie 2).

Gruppe 1:

  • Amisulprid (Arzneimittelwirkstoff)
  • Carbamazepin (Arzneimittelwirkstoff)
  • Citalopram (Arzneimittelwirkstoff)
  • Clarithromycin (Arzneimittelwirkstoff)
  • Diclofenac (Arzneimittelwirkstoff)
  • Hydrochlorothiazid (Arzneimittelwirkstoff)
  • Metoprolol (Arzneimittelwirkstoff)
  • Venlaflaxin (Arzneimittelwirkstoff)
Gruppe 2:
  • Benzotriazol (Korrosionsschutz)
  • Candesartan (Arzneimittelwirkstoff)
  • Irbesartan (Arzneimittelwirkstoff)
  • 4-Methylbenzotriazol und 5-Methylbenzotriazol als Gemisch (Korrosionsschutz)

Die Kriterien zur Auswahl der Substanzen und weitere Erklärungen sind im erläuternden Bericht zur Verordnung des UVEK enthalten.

Es müssen alle zwölf Substanzen gemessen werden. Da die Konzentrationen dieser Substanzen stark variieren können, müssen laut Gewässerschutzverordnung 48h-Sammelproben analysiert werden (GSchV Anhang 3.1 Ziffer 41 Absatz 1), und zwar im Zulauf zur ARA (Rohabwasser oder Ablauf Vorklärbecken) und im Ablauf der ARA.

Zur Berechnung des Reinigungseffekts sind mindestens sechs der genannten Substanzen zu verwenden, wobei die Substanzen im Verhältnis 2:1 aus Kategorie 1 zu Kategorie 2 vertreten sein müssen.

Falls weniger als sechs Substanzen für die Berechnung zur Verfügung stehen, ist in Absprache mit dem Kanton und dem BAFU die Festlegung von Ersatzsubstanzen möglich.

Der geforderte Reinigungseffekt wurde erzielt, wenn der Mittelwert der Einzeleliminationen aller zur Berechnung herangezogenen Substanzen mindestens 80 Prozent beträgt. Er muss für jede Probenahme, und nicht als Jahresmittelwert erfüllt werden. Je nach Anlagengrösse müssen mindestens 8-24 Proben (im ersten Jahr), resp. 4-12 (wenn die Anforderungen im Vorjahr eingehalten wurden) analysiert werden. Dabei ist pro Jahr die von der ARA-Grösse abhängige Anzahl Abweichungen gemäss Anhang 3.1 Ziffer 42 GSchV zulässig.

Der Reinigungseffekt wird durch die kantonale Fachstelle überwacht. Die Messung der Substanzen zur Überprüfung des Reinigungseffekts erfolgt in der Regel durch akkreditierte private oder kantonale Umweltlaboratorien im Auftrag der Kläranlage.

Falls die Reinigungsleistung von 80% nicht eingehalten wird, liegt die Verantwortung, Massnahmen anzuordnen, beim Kanton (gleich wie wenn andere Ablaufwerte nicht eingehalten werden).

 

Für den täglichen Betrieb ist eine häufige Probenahme und Analytik zu teuer und zu aufwändig. Den ARA-Betreibern stehen für die Überwachung daher Hilfsgrössen zur Verfügung (vgl. Konzept zur Überwachung der Reinigungsleistung). Neben der Aufzeichnung des Verbrauchs von Betriebsmitteln (O2, O3, PAK) und des DOC eignet sich vor allem die (online-)Messung des SAK (spektraler Absorptionskoeffizient) bei 254nm. Die Messgeräte sind kommerziell verfügbar und werden laufend auf den Einsatz in Abwasser zur Überwachung der Spurenstoff-Elimination angepasst. Die Abnahme des SAK korreliert sowohl bei der Ozonung als auch bei den Aktivkohle-Verfahren mit der Elimination verschiedener Spurenstoffe.  Für die Überwachung der Reinigungsleistung wird daher empfohlen, ergänzend zur periodischen Messung der Spurenstoffe, auch den SAK bei 254nm im Zu- und Ablauf der Spurenstoffeliminationsstufe zu messen. Alternativ zu einer online-Messung des SAK-Wertes, geben aber auch periodische Messungen von Sammelproben Informationen über den Spurenstoffabbau.

Durch stetige Optimierung der SAK-Messung hat die ARA Neugut eine innovative Regelstrategie der Ozonung entwickelt. Auf diese Weise konnte der Ozonbedarf signifikant reduziert werden  (Schachtler und Hubaux, Artikel A&G, Nr. 5 2016).

Insgesamt kann mit einer Kombination von Spurenanalytik und online-Signalen mit verhältnismässigem Aufwand sichergestellt werden, dass die Anlagen die Anforderungen bezüglich Reinigungsleistung zuverlässig einhalten.

Bei der Auswahl der 12 Leitsubstanzen wurde beachtet, dass alle Substanzen in den gängigen Verfahren zur Elimination von organischen Spurenstoffen (d.h. Ozonung oder Aktivkohle-Verfahren) ähnlich gut eliminiert werden. Somit wird bei der Verfahrenswahl kein Verfahren aufgrund der Festlegung der 12 Leitsubstanzen bevorzugt.

Bei Bedarf können in der Departementalen Verordnung des UVEK Änderungen vorgenommen werden (z.B. wenn Substanzen nicht mehr in ausreichenden Konzentrationen im Zulauf vorhanden sind um den Reinigungseffekts zu berechnen). Die Auswahl der Substanzen basiert auf ihrer Eignung zur Überprüfung der Reinigungsleistung (d.h. die ausgewählten Stoffe sind (i) nicht gut biologisch abbaubar, (ii) mit gängigen analytischen Methoden messbar, (iii) werden kontinuierlich, in ausreichenden Konzentrationen im ARA-Zulauf gemessen usw.). Es wird aber auch beachtet, dass die ausgewählten Substanzen sowohl mit einer Ozonung wie mit einem Aktivkohle-Verfahren ähnlich gut eliminiert werden. Somit werden ARA mit bereits umgesetzten MV-Projekten nicht benachteiligt.

In kleinen Einzugsgebieten mit kurzen Aufenthaltszeiten im Kanalnetz können die Konzentrationen und Frachten von Mikroverunreinigungen stark schwanken. Aufgrund dieser Dynamik kann eine volumenproportionale Probenahme im Zulauf der ARA die Konzentrationspeaks nur schwer erfassen. Die ARA-Zulauf-Proben zur Bestimmung des Reinigungseffekts können bei Bedarf auch im Ablauf der Vorklärung genommen werden (s. Vollzugshilfe „Betrieb und Kontrolle von Abwasserreinigungsanlagen“), wo die Konzentrationsspitzen geglättet und somit einfacher zu erfassen sind. Drei Viertel der Schweizer Kläranlagen nehmen bereits die ARA-Zulauf-Proben im Ablauf der Vorklärung.

Dies wurde mithilfe von Modellierungen untersucht (der Bericht zu diesen Untersuchungen ist hier verfügbar (nur auf Französisch)). Die Resultate haben gezeigt, dass die grössten Probenahmefehler bei kleinen ARA (< 8‘000 angeschlossene Einwohner; Eang) mit Beprobung im Zulauf zur ARA (Rohabwasser) auftreten. Durch eine Beprobung im Ablauf der Vorklärung kann der Fehler stark reduziert werden: Die Konzentrationsspitzen werden im Vorklärbecken geglättet, was eine repräsentativere Probenahme erlaubt. Allgemein lässt sich sagen, dass ab einer ARA-Grösse ab 10‘000 Eang der relative Probenahmefehler im Ablauf der Vorklärung unter 1% liegt. Da der Einfluss von Rückläufen auf die gemessenen Konzentrationen im Ablauf der Vorklärung im Normalfall minimal ist, wird empfohlen, soweit möglich im Ablauf der Vorklärung zu beproben.

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